Anselm - Das Rauschen der Zeit
Regie: Wim Wenders | Darsteller: Anselm Kiefer | Deutschland 2023 | Dokumentation
Als Gipfeltreffen großer deutscher Kunstschaffender könnte man das essayistische Porträt betrachten, das Wim Wenders über seinen langjährigen Freund Anselm Kiefer dreht. Und das in 3D, ein Format wie gemacht für die expressiven Skulpturen, die in atemberaubenden Bildern wirken. Zwischen Künstlerbiografie und impressionistischer Spurensuche ist Wenders ANSELM vor allen Dingen eines: ein höchst imposanter Film, der die Vielschichtigkeit eines umfangreichen Jahrhundertwerks unvergleichlich inszeniert – als wäre man selbst vor Ort!
Wim Wenders zeichnet das Porträt eines der innovativsten bildenden Künstler unserer Zeit. Eine Reise durch das Werk eines Künstlers, dessen Kunst die menschliche Existenz und die zyklische Natur der Geschichte erforscht, inspiriert von Literatur und Poesie, Geschichte, Philosophie, Wissenschaft, Mythologie und Religion. Mehr als zwei Jahre lang folgte Wenders den Spuren Anselm Kiefers und verknüpft in seinem Film die Lebensstationen und Schaffensorte einer mehr als fünf Jahrzehnte umspannenden Karriere zwischen Kiefers Heimatland Deutschland und Frankreich, seiner heutigen kreativen Heimat. Vor allem an zwei Orten wurde gedreht, im südfranzösischen Barjac, wo Kiefer Anfang der 90er ein 40 Hektar großes Areal bezog, das er in ein spektakuläres Gesamtkunstwerk verwandelt hat, und in einem riesigen ab 12. Oktober Atelier in einem Pariser Vorort, wo er seit einigen Jahren lebt und arbeitet. Wenders blickt vor allem auf prägende Lebensmomente. Altes Dokumentarfilmmaterial sieht man da bisweilen in einem Fernseher aus den 70ern oder auf ein Laken in den Wäldern Barjacs projiziert. Der junge Kiefer ist zu sehen, mal mit seinem Lehrer Joseph Beuys, mal der Schüler Kiefer, der schon früh einen Preis für ein zeichnerisches Projekt erhielt. Paul Celan und Ingeborg Bachmann kommen zu Wort und auch Kiefer selbst, im Voice Over, das einen Einblick in seine Gedankenwelt gibt. Als seine jüngeren Versionen sind sein Sohn Daniel und Wenders Großneffe Anton in gelungenen Nachstellungen zu sehen. Eine wahrhaft herausragende Dokumentation – mit Ende 70 zeigt Altmeister Wim Wenders noch eine größere Neugier und Lust an stilistischen und erzählerischen Experimenten als viele jüngere Kollegen.