Alle lieben Touda
Regie: Nabil Ayouch | Darsteller: Nisrin Erradi, Joud Chamihy, Jalila Tlemsi | Frankreich, Marokko 2024
Touda träumt davon, eine Sheikha in Casablanca zu sein – eine der hochverehrten Diven, die traditionelle Aita-Musik darbieten. Doch so groß ihr Talent ist, so klein ist ihre Welt: Touda lebt auf dem Land und zieht allein ihren gehörlosen Sohn groß. Ihr zumeist männliches Publikum sieht in ihr nur ein Showgirl. Aber Touda will nicht aufgeben… Eine Powerfrau in einer patriarchalen Welt – mit elektrisierenden Musikszenen folgt das marokkanische Drama von Nabil Ayouch einer Sängerin und ihrem Kampf um Anerkennung.
Touda (Nisrin Erradi) träumt nur von einem: eine Sheikha zu sein, eine traditionelle marokkanische Künstlerin, die von den Texten der kämpferischen Dichterinnen, die vor ihr lebten, gestärkt wird – mit ihren Liedern über Widerstand, Liebe und Emanzipation. Touda, die jeden Abend in den Bars der Provinz unter den lüsternen Blicken der Männer auftritt, plant, ihre kleine Stadt zu verlassen und in die hellen Lichter von Casablanca zu ziehen, wo sie hofft, als echte Künstlerin anerkannt zu werden und eine bessere Zukunft für sich und ihren Sohn zu sichern… Was sehr ruhig und zurückhaltend beginnt, wird urplötzlich zu einem intensiven Drama, das nicht mehr loslässt, reich an bedeutungsvollen Momenten. Hauptdarstellerin Nisrin Erradi ist absolut lebensecht, nie stellt sich das Gefühl ein, einem Spiel zu folgen. Die Figuren sind überhaupt sehr realistisch, rund und drei dimensional gestaltet, keine Funktionsträger, sondern echte Menschen in einer Geschichte, in der es um das geht, was die Menschen eint: der Wunsch auf ein besseres Leben, auf Glückseligkeit, das eigene Happyend. Was letzteres betrifft, bleibt Nabil Ayouchs kluges Drama ambivalent, lädt ein zur Interpretation. Und gerade das wirkt stark nach, weil Toudas Leben nichts ist, das sich einfach abschütteln lässt, wenn wir das Kino verlassen, ein Werk, um das die Gedanken noch lange kreisen – auch keine leichte Kost. Die offizielle Oscar-Einreichung Marokkos für die Kategorie des besten fremdsprachigen Films gibt einen eindrucksvollen Einblick in ein Land und eine Kultur, mit der die deutschen Kinogäste eher selten Berührung haben.
» Ein wunderbares Frauenporträt, das uns auf der Stelle erstarren lässt – wie ein Schrei in der Nacht! « SORTIR A PARIS